Und wieder Wellen

Ja, die bereits bekannten Wellen, die mich durch meine Trauer tragen. Gestern ging es schön runter.

Ein nichtiger Anlass: Ich habe einen Termin in einer Ambulanz im UKE ausgemacht. Eigentlich hatte ich schon im Mai einen Termin, aber drei Tage zuvor war mein Mann dort gestorben. Den Termin habe ich vergessen. Gestern also rief ich wieder an, um einen neuen Termin auszumachen. Ich habe mich auch gleich entschuldigt und erklärt, warum ich im Mai nicht gekommen bin. Das hat die Dame am anderen Ende der Leitung aber nicht interessiert. Sie tat so, als ob ich einfach den Termin verbaselt hätte und hat mir einen neuen gegeben: im November. Keine Empathie, kein gar nichts. Das hat mich aus der Bahn geworfen. Zuerst habe ich im Büro auf der Toilette geheult und dann abends zu Hause.

Ich versuche jeden Tag als einen Schritt in mein neues Leben zu begreifen. Ich will diesen Weg nicht gehen, aber ich habe ja keine andere Wahl. Ich will mein altes Leben zurück. Aber das ist vorbei.

In zwei Tagen kommt mein Sohn von seiner ersten Sommerreise zurück. Er fehlt mir, gleichzeitig hoffe ich, dass er eine schöne Zeit hat, mit mehr glücklichen als traurigen Momenten. Er wird einen Tag in Hamburg sein und dann wieder für zwei Wochen verreisen. Die Sommerferien sind lang. Er soll sich ablenken.

Ich versuche mich mit Arbeit abzulenken. Gelingt mäßig. Oft driften meine Gedanken ab. Ich werde täglich mit dem ehemaligen Arbeitgeber meines Mannes konfrontiert. Wir arbeiten in derselben Branche. Dann denke ich an ihn, an die letzten Wochen, an die letzten Tage mit ihm. Eigentlich wären wir gerade mitten in unserem Sommerurlaub am Comer See. Jetzt sitze ich in Hamburg. Alleine.

Ich will mein altes Leben zurück.

4 Gedanken zu „Und wieder Wellen

    1. mucinhh

      Das mit dem Aufpassen ist so eine Sache. Mein Verstand weiß es natürlich, aber auf der anderen Seite ist dieses „Ist doch eh alles egal-Gefühl“. Ich überlebe gerade, das muss erst einmal reichen.

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      1. seestädter

        Ich möchte hier kommentieren, weil meine Frau jetzt auch seit drei Monaten tot ist. Sie starb am 18.09.2016 ganz plötzlich. Ich habe ihr ihren letzten Wunsch erfüllt und in der Nordsee vor Cuxhaven bestattet.
        Ja, die Trauerwellen überschwemmen auch mich. Danke für dieses Blog, in vielen Berichten finde ic mich wieder. Leider habe ich keine Familie die mich auffängt. Wir waren fremd in der Stadt, und Freundschaften konnten wir nicht schließen. Es ist alles sehr schwer für mich, aber ich kämpfe mich von Tag zu Tag. Oftmals weiß ich nicht, ob ich alles richtig mache. Ich kann mich ja nicht mehr mit meiner Frau besprechen. So werden viele meiner Aktionen von einem schlechten Gewissen gegenüber meine Frau begleitet. Die Vernunft sagt mir natürlich, dass meine Frau nicht mehr lebt und ich nun alleine entscheiden muss. Meine Seele lässt solche Aussagen allerdings (noch) nicht zu.

        Ich habe Momente, in denen es mir gut geht, ganz kleine kurze Augenblicke, in denen ich nicht an meine Frau denke. Und wenn ich mich dann in Sicherheit wiege und glaube, die unerträglichen Trauerschmerzen überwunden zu haben, kommt die Trauer und schlägt wieder zu. Seit dem 18. September habe ich Magenschmerzen, der Brustkorb ist zu eng und der Hals scheint wie zugeschnürt. Ich würde gerne mal eine Pause haben. Ich hätte nie vorher geglaubt, dass solche Schmerzen möglich sind.

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  1. Stefanie

    Das tut mir so leid, dass Du solche Sachen erleben musst, wie mit dem Termin im UKE. Ich wollte öfter schon mal einen Kommentar hinterlassen – wusste aber nie so recht was. Nach diesem Post denke ich: Besser irgendwas als gar nichts. Ich wünsche Dir viel Kraft; Stefanie

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