Unser Sohn
Wenn ich auf das Jahr seit Michaels Tod zurückblicke, bin ich vor allem auch über die Entwicklung unseres Sohnes erstaunt. Als Einzelkind drehte sich alles stets um ihn. Wir wollten ihm viel abnehmen und Dinge ermöglichen, die wir in unserer eigenen Kindheit vermisst hatten. Dadurch war er in gewisser Hinsicht sicher verwöhnt. Im letzten Jahr hat er mich unglaublich stolz gemacht.
Mit dem Tod seines Vaters war für unseren Sohn mit 12 Jahren ein Teil seiner Kindheit plötzlich zu Ende. All das, was Kindern Geborgenheit und Sicherheit vermittelt war für ihn auf einmal vorbei. Der Vater tot, die Mutter wie gelähmt, dazu die Sorge, wie unser Leben weitergehen wird. Können wir in der Wohnung bleiben oder müssen wir sie verkaufen? Bleiben wir in Hamburg oder gehen wir nach München, wo die Großeltern leben?
Ich habe Sohn direkt nach Michaels Tod gezwungen, wieder zur Schule zu gehen. Er sollte zumindest in diesem Bereich so viel Normalität haben wie möglich. Schon wenige Tage nachdem sein Vater gestorben war, schrieb Sohn seine erste Arbeit. Er ist in der Schule kein einziges Mal abgesackt.
Ich habe Sohn gesagt, dass ich keine Kraft habe, ihm nach der Arbeit bei den Hausaufgaben zu helfen oder Latein-Vokabeln abzufragen. 40-Stunden-Job und Haushalt haben mir alle Kraft geraubt. Er hat sich weitestgehend selbst organisiert.
Ich habe Sohn, ein halbes Jahr nach dem Tod seines Vaters einen neuen Partner an meiner Seite präsentiert. Er hat ihn ohne Vorurteile und mit offenen Armen empfangen. Auch die Nachricht vom Nachwuchs hat er positiv aufgenommen. Er streichelt meinen Bauch und spricht mit dem Baby.
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Sohn ist mitten in der Pubertät, da sind Konflikte vorprogrammiert. Aber dennoch sind wir im vergangenen Jahr als Team zusammengewachsen. Wir verstehen uns und lieben uns sehr und sagen uns das auch. Wie gesagt, ich bin sehr stolz auf unseren Sohn. Mein Mann lebt in ihm weiter, ich kann es täglich sehen.