Trauergruppe

Wir sind auf dem Sprung in die Ferien. Der dritte Sommer ohne Michael. Der zweite mit meiner Tochter. Die Zeit rast und tut es doch nicht.

Morgen ist wieder ein Treffen meiner Trauergruppe. Ich war schon lange nicht mehr da. Einerseits würde ich gerne wieder hingehen. Dort kann ich Dinge loswerden, die ich sonst niemandem zumuten möchte. Andererseits habe ich aber immer Angst, dass ich mit meiner Geschichte den Rahmen sprenge.

Es ist ja so, die Treffen beginnen, indem sich jeder kurz vorstellt, erzählt warum er/sie da ist und wie es einem aktuell geht. Ich denke immer, wenn ich anfange mit „Michael ist im Mai 2015 gestorben, im Herbst habe ich einen anderen Mann kennengelernt und bin kurz darauf wieder schwanger geworden, jetzt haben wir eine Tochter, sind verheiratet und mein großer Sohn findet das alles gut, trotzdem trauere ich weiter um Michael.“

Das ist zuviel an Informationen auf einmal. Ich möchte nicht, dass meine Geschichte ablenkt bzw. zuviel Raum einnimmt und ich glaube, das könnte sie.Ich habe auch schon mal überlegt, ob ich einfach den Teil mit Mann und kleinem Baby weglasse. Aber warum sollte ich, das ist schließlich mein jetziges Leben.

Mir selbst hat die Geschichte einer anderen Witwe aus Luxemburg Mut gemacht (Stippi, ich danke Dir in Gedanken so oft dafür). Sie schrieb im Trauerforum www.verwitwet.de offen darüber als sie nach dem Tod ihres Mannes und ihres Kindes einen neuen Mann kennenlernte. Ich las diese Geschichte relativ kurz nach Michaels Tod und dachte: „Ok, das Leben kann also doch auch positiv weitergehen.“ Das war für mich bis dato unvorstellbar. Und es hat mich hoffen lassen. Darauf, dass mein Leben mit 43 Jahren noch nicht vorbei ist. Darauf, dass ich irgendwann vielleicht wieder so etwas wie Liebe spüren könnte.

Es kann also sein, dass auch meine Geschichte Mut machen könnte. Aber es ist eben doch etwas anderes, sie anonym im Internet aufzuschreiben als sie den Leuten direkt zu erzählen. Außerdem macht meine Geschichte manche Menschen auch wütend. Noch traue ich mich nicht wieder in die Trauergruppe.