Mein Tag

Aktuell werde ich oft gefragt wie denn so meine Tage sind und was ich eigentlich mache. So sieht mein Tagesablauf aus:

5.45 Uhr: Aufstehen

5.45-7.15 Uhr: Katzenklo sauber machen, Katzen füttern, Kleidung für Sohn bereit legen, Frühstück machen, Sohn aus dem Bett scheuchen, Kaffee kochen, Sohn immer noch aus dem Bett scheuchen, Duschen, Anziehen, ein Gesicht malen (=Schminken), Betten machen, Katzenklo zum 2. Mal sauber machen, Geschirrspüler ausräumen

7.20 Uhr: Ich verlasse das Haus mit Sohn und wir gehen zusammen zur U-Bahn. Er fährt in die eine Richtung, ich in die andere, vorher beim Bäcker noch schnell ein Milchbrötchen für die Schule kaufen.

7.45-17.00 Uhr: Arbeit

17.30-19.30 Uhr: Einkaufen, Katzen füttern, Katzenklo sauber machen, Blumen gießen, Wäsche waschen, aufhängen oder abhängen, Post bearbeiten, erste Anrufe machen, Kochen, Sohn nach Hausaufgaben fragen/kontrollieren

19.30-20.30 Uhr: Sohn und ich essen Abendbrot, besprechen Termine und schauen kurz Fernsehen

21.00 Uhr: Sohn daran erinnern, seinen Schulranzen zu packen, Küche aufräumen, Katzenklo sauber machen (jaja, besser ist es …), wir machen uns bettfertig (dauert mit steigendem Alter irgendwie immer länger)

21.30 Uhr: Ich falle müde ins Bett

Selbsthilfegrupppen (Part 2)

Wir haben unsere Selbsthilfe- oder auch Trauergruppen besucht.

Am Sonntag war ich als erste dran. Das Treffen fand in einer Art sozialer Einrichtung im Westen Hamburgs statt. Wir waren 11 Witwen und Witwer im Alter von ca. 35-60 Jahre. Ich war die „neueste“ Witwe, die anderen sind schon etwas länger dabei. Wir saßen im Kreis und nach und nach haben alle erzählt wie sie heißen, warum sie hier sind, wir lange der Partner/die Partnerin schon tot sind, ob sie Kinder haben und wie es ihnen gerade geht.

Als ich dran war, musste ich sofort weinen. Das ist eigentlich nicht meine Art, sonst bin ich eher der Typ „Zähne zusammenbeißen und weitermachen“. In dieser Gruppe darf ich aber weinen. Ich darf jammern und kann über Themen sprechen, die für Außenstehende einfach schwer zu begreifen sind. Wie auch. Ich hätte vor zwei Monaten auch noch keine Ahnung gehabt, dass Stimmungsschwankungen normal sind. Oder dass das Gefühl der totalen Lähmung eben dazu gehören kann. Dieses Gefühl verstanden zu werden hat etwas sehr befreiendes. Als Gruppe sind wir total unterschiedlich, eine Teilnehmerin hat es so schön formuliert: Im Leben „draußen“ hätten wir uns wahrscheinlich nie kennengelernt. Aber im geschützten Raum der Trauergruppe gehören wir zusammen. Ich werde auf jeden Fall wieder hingehen.

Gestern war nun mein Sohn in „seiner“ Trauergruppe. Das Vorgespräch mit einer der Therapeutinnen aus dem Institut fand er doof. Die Frau war ihm nicht sympathisch. Er meinte, sie würde eine Art Standardprogramm abspielen, das mochte er nicht. Ich habe ihn trotzdem gezwungen, die Gruppe kennenzulernen. Zumal dort auch andere Therapeutinnen sind. Ich glaube, es war ok für ihn. Zumindest hat er gesagt, dass er beim nächsten Mal wieder dabei sein wird. Dann sind sowieso Sommerferien und im Herbst können wir dann schauen, ob er weitermacht oder nicht. Die Kinder in der Gruppe sind für seinen Geschmack zu jung.

Gestern hat er nicht mehr viel von der Gruppe erzählt, aber heute morgen kurz beim Frühstück. Fast alle Kinder, bis auf eine Ausnahme, haben den Papi verloren. Die Mutter eines Jungen ist aktuell in der Psychiatrie, er wohnt bei den Großeltern. Das hat meinen Sohn bewegt. Auch die Tatsache, dass der verstorbene Vater eines anderen Kindes ebenfalls Michael hieß. So wie sein Vater. Ich glaube, es tut ihm gut dort hin zu gehen. Immerhin habe ich auch eine „Belohnung“ für ihn. Für jeden Besuch in der Trauergruppe bekommt er eine professionelle Massage spendiert.

Der kleinste gemeinsame Nenner

Der kleinste gemeinsame Nenner. So nennt mein 12-jähriger Sohn jetzt unsere Familienart. Sie besteht aus ihm, aus mir und unserer Katze Charly und dem Kater Cosmo. Wir haben seit zwei Wochen keinen Papi und keinen Ehemann mehr. Er ist gestorben. Wie aus dem Nichts hat uns diese Katastrophe getroffen. Gerade noch fröhlich und voller Pläne hat sich unser Leben total geändert.

Ich bin jetzt eine 43-jährige Witwe, mein Sohn ist Halbwaise. Ich könnte kotzen.

Hier werde ich mir meinen Frust von der Seele schreiben, anonym jammern und versuchen, den Alltag einer Familie zu beschreiben, die auf einmal auseinander gerissen wurde.