Ich denke jeden Tag an meinen toten Mann. Wie wir uns kennengelernt haben, welche besonderen Momente es in unserem Leben gab, welche glücklichen und traurigen Erlebnisse wir hatten. Ich laufe durch Hamburgs Straßen und sehe die Restaurants und Bars, die wir zusammen besucht haben.
Ich frage mich, ob mein Mann glücklich war, ehe er starb. Ich frage mich, ob wir aus seiner Sicht eine schöne Ehe geführt haben. Wenn ich im Nachhinein mit Freunden von ihm spreche, bin ich mir nicht sicher, ob ich Michael wirklich kannte. Oder vielleicht nur einen Teil von ihm. Ein anderer Teil blieb mir definitiv verborgen, wie ich inzwischen weiß. Das macht die Trennung von ihm nicht leichter, aber ich frage mich, wie gut ich meinen Mann eigentlich kannte.
seestädter
Liebe mucinhh,
mach Dich bitte nicht verrückt. Bestimmt hast Du mit Deinem Michael eine schöne Ehe geführt. Und bestimmt war er glücklich mit Dir. Und er war bestimmt sehr glücklich, dass Du in seinen letzten Tagen bei ihm warst. Lies doch mal selbst Deine ersten Einträge, das wird Dir helfen, Klarheit zu bekommen:
Ihr habt Euch SMS geschickt über ganz profane Dinge. Das macht man nicht, wenn man seine Frau nicht liebt. Der Inhalt war zwar unwichtig, aber die Nachrichten sind doch Zeichen, dass er an Dich gedacht hat.
Ihr habt Euch ein neues Bett gekauft. Das war bestimmt ein sehr schöner Tag für Euch. Meine Frau und ich haben das auch gemacht. Ich ging in Rente, wir sind umgezogen und haben uns ein neues Bett gekauft. Wir waren glücklich und hatten Spaß.
Du hast an seinem Schlafanzug geschnüffelt, wie schön. Wenn Dein Michael das gewusst hätte, er wäre glücklich gewesen. Ich lege mir heute noch das Nachthemd meiner Frau auf die Nase, bevor ich einschlafe. Leider ist ihr Geruch längst verflogen. Und ihr Lieblingsparfüm habe ich leider entsorgt – das macht mich traurig.
Ihr wolltet an den Comer See fahren – weil ihr Euch geliebt habt und glücklich gewesen seid!
Niemand kennt den anderen genau. Weil man manches für sich behält, damit der andere sich keine Sorgen macht. Meine Frau hat mir auch nicht alles erzählt was sie bewegt. Sie hat immer nur gesagt, es würde niemanden helfen. Ich wäre besorgt, und ihr würde es nicht besser gehen. Ich war dann zwar traurig – aber nicht darüber, dass sie mir ihren Kummer nicht erzählen wollte. Eher darüber, dass ich ihr nicht helfen konnte.
Stelle Deine Ehe nicht nachträglich in Frage. Übrigens, Der erste Absatz hat mich sehr bewegt. Weil er so deckungsgleich mit meinen Gefühlen ist. Nur dass ich nicht durch Hamburgs Straßen laufe sondern durch Bremerhavens. In Hamburg leben wir schon lange nicht mehr, momentan könnte ich die Landungsbrücken nicht mal besuchen.
Bitte verzeih mir, wenn ich mich in Dein Leben „eingemischt“ haben sollte. Heute hat mich wieder eine Welle ganz tief ins Tal gezogen, da ist das Kommentieren vielleicht auch ein Stück Therapie für mich.
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