Heute wäre unser 16. Hochzeitstag. Das Wetter ist schlecht in Hamburg. Das war es damals auch. Nur mit weniger Regen. Heute Morgen saß ich mit unserem Sohn zusammen und ich erzählte ihm, wie ich vor 16 Jahren mit dickem Bauch zum Standesamt gegangen bin. Es war eine kleine Feier. Michael mit schlecht gemachten Strähnen im Haar, ich mit dicken Beinen im schwarzen Schwangerschaftskleid (das einzige, in das ich noch hineinpasste).
Ich habe überlegt, was ich heute mache. Zum Grab fahren möchte ich nicht, es regnet in Strömen. Ich könnte in eine von Michaels Lieblingsbars gehen und einen „Prince of Wales“ auf ihn trinken oder einen „Gimlet“. Mag ich zwar beides nicht, aber Michael hat diese Drinks gerne getrunken. Ich könnte Pizza machen, wobei ich an an seine Pizzabäcker-Künste nicht im Entferntesten ran reiche. Ich könnte mit unserem Sohn den Film „5555“ anschauen. Mit der Musik von Daft Punk. Ich könnte, ich könnte … was ich nicht kann, ist Michael in den Arm nehmen. Oder seine Stimme hören.
Bis dass der Tod uns scheidet. Das hat er.
Bettina
Liebe Miriam!
Mein Mann hat sich heute vor 2 Monaten mit 49 Jahren das Leben genommen. Kommenden Samstag hätten wir unseren 18. Hochzeitstag und unseren 23. Jahrestag gehabt. Dein letzter Satz ging mir auch vor ein paar Tagen durch den Kopf: wir schworen uns Treue und Liebe bis der Tod uns scheidet und dies hat er auch wirklich getan.
Wir hatten so viele wunderbare, glückliche Jahre und wir hatten keinen Zweifel daran, dass wir miteinander alt werden würden. Bis mein Mann vor 2 Jahren an Depressionen erkrankte…
Ich überlege nun hin und her, was ich an unserem Jahres- und Hochzeitstag machen soll, wie ich den Tag ohne ihn überstehen soll, wie ich ein Leben ohne ihn führen kann, obwohl ich das ja gar nicht will!
Ich vermisse ihn so sehr und eine Welt ohne ihn erscheint mir so sinnlos und leer. Ich mache nur für unsere beiden Kinder weiter, denn die brauchen mich mit ihren 12 bzw. gerade mal 15 Jahren jetzt umso mehr.
Ich freue mich für dich, dass du wieder ein Stückchen Glück für dich finden konntest, lese aber auch aus deinen Posts heraus, dass diese Trauer und das Vermissen für immer bleiben wird, und das macht mir schon Angst vor der Zukunft. Ist ein glückliches Leben irgendwann wieder möglich oder ist es nur eine Art von Weiterleben mit einem riesen Loch im Herzen?
Alles Liebe, Bettina
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mucinhh
Liebe Bettina,
es tut mir sehr leid, vom Tod Deines Mannes zu lesen. Wie furchtbar für Dich und Deine Kinder. Ich hoffe, ihr habt Freunde und Familie, die euch zur Seite stehen.
Ich bin an unseren Hochzeitstagen nach Michaels Tod entweder zum Grab gefahren oder habe ein Glas auf ihn und uns getrunken. Aber es bleibt ein trauriger Tag.
Ein glückliches Leben ist wieder möglich, das empfinde ich so und daran glaube ich. Was bleibt ist Trauer in veränderter Form und vor allem Sehnsucht. Ich spreche natürlich nur für mich selbst. Ich habe immer noch Sehnsucht nach Michael. Nicht ständig, nicht jeden Tag, aber immer wieder. Es gibt Phasen, da ist dieses Gefühl stärker und es gibt Phasen, da ist es schwächer. Wir sind Überlebende einer Katastrophe. Und im Sinne meines verstorbenen Mannes möchte ich dieses Leben leben und schöne Dinge genießen. Weil ich weiß, dass es ihm gefallen hätte.
Ich wünsche Dir viel Kraft und sende Dir herzliche Grüße aus der Ferne,
Miriam
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Katta
Es sind die Erinnerungen die uns immer bleiben werden, aber das gemeinsame Leben mit unseren Verstorbenen ist uns entglitten, , wird immer fremder, rückt immer mehr in die Vergangenheit, weil unser Leben weiter gegangen ist.
Ja, der Tod hat uns geschieden, wobei ich unter einer Scheidung bisher immer etwas anderes verstanden habe. Mit dieser Art von Scheidung waren wir nicht einverstanden, sondern mussten uns dem beugen. Vllt müsste es doch eher heißen, der Tod hat uns getrennt.
Dein Blog ist super.
Viele Grüße
Katta
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mucinhh
Liebe Katta,
vielen Dank für Deine Worte.
Liebe Grüße
Miriam
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Guapa
Hallo liebe Leute,
ich schreibe heute zum ersten Mal etwas öffentlich über unseren Schicksalsschlag. Am 30.06.18 ist meine Lebenspartnerin verstorben. Sie ist morgens – wie so oft – zum joggen aufgebrochen und auf dem Rückweg kollabiert. Sie ist nicht wieder aufgewacht. Mitten aus einem glücklichen und erfüllten Leben gerissen. Ein Albtraum. Die Beisetzung ist jetzt 4 Wochen her und es geht mir von Tag zu Tag schlechter. Ich bin verzweifelt, traurig, enttäuscht und wütend.
Wir hatten wunderbare Pläne für unsere 2 Lebenshälfte (47 und 51), alles war im Fluss.
Jeder Tag sage ich mir: ich will ein altes Leben zurück, Sie kann jetzt wieder kommen. Es ist leer und still geworden und niemand drückt den Pausenkopf. Das Leben geht weiter und ich gehöre irgendwie nicht mehr dazu. Lebe in einer Zwischenwelt.
Ab heute werde ich jeden Tag hier einmal vorbei schauen.
Euch ALLEN einen guten Tag.
G
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Miriam
Liebe Guapa,
es tut mir sehr leid, dass Du Deine Partnerin verloren hast. Das Gefühl des Nicht-Dazu-Gehörens kenne ich leider auch sehr gut. Ich habe es immer Alien-Feeling genannt. Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit, ich wünsche Dir, dass Du ab und zu vielleicht lachen kannst und einen schönen Moment hast.
Herzliche Grüße Miriam
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