Ich habe es gelesen. Trauer verläuft in Wellen. Mal geht es gut, mal geht es schlecht. Bisher habe ich mich gut gehalten. Aktuell habe ich das Gefühl meine Fassade beginnt zu bröckeln. Ich habe in den letzten Wochen 5 Kilo abgenommen. Aktuell wiege ich zwischen 48-49 Kilo. Ich esse nicht, aber abends trinke ich viele Gläser Wein. Um ruhig zu werden, um schlafen zu können. Dass das kein Dauerzustand sein kann ist mir klar.
Mein Sohn stellt seine Trauer hinten an befürchte ich. Er möchte nicht, dass ich noch trauriger werde. Das macht mich erst recht traurig.
Ich ertrage gerade nur noch wenige Menschen um mich herum. Bestimmte Freunde, mit denen wir früher viel zu tun hatten, weichen mir aus und melden sich überhaupt nicht mehr. Es ist insgesamt erstaunlich, wie mich manche Menschen meiden seitdem ich Witwe geworden bin. Als ob ich eine ansteckende Krankheit hätte. Es ist die Furcht, nicht zu wissen, worüber sie mit mir sprechen sollen. Dabei muss man gar nicht reden. Einfach einmal in den Arm nehmen reicht auch schon. Einige Bekannte, die vom Tod meines Mannes wissen, sprechen das Thema nicht an, wenn sie mich sehen. Sie tun so als ob nichts sei. Auch hier aus Furcht, das Falsche zu sagen, vermute ich mal.